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Städtetrip mit Kleinkind : Straßburg

Städtetrip mit Kleinkind : Strassburg


Frühlingswochenende in der französisch-jüdischen Stadt


Städtetrip in Straßburg - blühende Frühlingsbäume entlang der Ill

In Zeiten von Corona haben wir auf jeden Fall gelernt flexibel zu sein und schnell unsere Pläne zu ändern. So auch dieses Mal. Anstatt endlich mal wieder unsere alte Heimat und die lieben Freunde in Berlin zu besuchen haben wir aufgrund eines Coronafalls kurzerhand umgebucht und sind nach Straßburg gefahren. Dort wollten wir immer schonmal hin und so lange wir noch in Frankfurt wohnten, mussten wir das ausnutzen. Von dort sind es nur 2,5 Stunden mit dem Auto. Mit Kleinkind - dem nicht selten übel wird bei langen Autostrecken - die perfekte Streckenlänge. Pausen müssen natürlich trotzdem eingeplant werden. 

Strassburg - Europastadt mit Kanälen, Parks und Gassen

Straßburg - Blick über die Ill, Richtung Altstadt

Ankunft im Cap Europe

Wir sind abends losgefahren und haben auf halber Strecke ein Abendessen in einem American Diner zu uns genommen. Auf der 2. Etappe konnte die Kleine dann gemütlich einschlafen. Wir hatten uns so sehr auf ein schön eingerichtetes gemütliches Hotel Zimmer gefreut nach einer doch recht anstrengenden Viertagewoche. Komfortabel mit einer separaten Küchenzeile sollte es sein, wo Fany* und ich noch ein gemütlichen Wein schlürfen könnten, während Lilly* im Nebenzimmer tief und fest schlummern würde. Aber Pustekuchen, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…. Auf den ersten Schock folgte Ernüchterung. Unser Hotelzimmer mit integrierter Küche war … wie soll man sagen … sehr, sehr einfach eingerichtet. Vermutlich wurde das Hotel nach der erstmaligen Eröffnung in den 1970er Jahren nie mehr renoviert, geschweige denn Elektronik und Wasserrohre erneuert. Nun gut, irgendwie konnten wir uns mit der kahlen und lieblosen Einrichtung sowie mit dem tropfenden Waschbecken-Abfluss arrangieren und kuschelten uns zu dritt ins Bett. Trotz nicht ganz erholsamer Nacht wachten wir am nächsten Morgen allesamt mit guter Laune auf und freuten uns auf einen schönen ersten Tag in Straßburg. Zum Sightseeing braucht man schließlich kein Luxushotel. 

Das jüdische Viertel mit seinem Herzstück: Café de la Paix

Bereits am Vorabend, bei unserer Ankunft hatten wir gemerkt, dass wir mitten im jüdischen Zentrum Straßburgs gelandet waren. Auf Google Maps sah man gleich mehrere Synagogen in der näheren Umgebung. Und fast alle Männer und Jungs auf der Straße trugen eine Kipa. Morgens machten wir uns also auf zum Café de la Paix, eine typisch französische Boulangerie. Wie so viele Restaurants und Supermärkte in dem Viertel war auch diese Boulangerie in jüdischer Hand. 

Mittlerweile weiß ich, dass Straßburg eine der größten und wichtigsten jüdischen Gemeinden Frankreichs, ja ganz Europas, hat. Ihre Geschichte reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Jüdinnen und Juden wurden als Geldverleiher ins damals prosperierende Straßburg geholt. Die deutschen Domstädte entlang des Rheins - neben Straßburg noch Speyer, Worms und Mainz - waren im Mittelalter bedeutende jüdische Zentren. Straßburg ist es heute noch - trotz Judenpogromen und Holocaust. Schon nach dem Ersten Weltkrieg strömten viele Jüdinnen und Juden aus Osteuropa in die elsässische Stadt. Sie fühlten sich hier schnell heimisch, weil das Elsässische dem Jiddischen sehr ähnlich war. Seit den 1960er Jahren kamen zudem viele Jüdinnen und Juden aus Nordafrika hinzu, die ihre Herkunftsländer wegen antisemitischer Tendenzen verlassen hatten. Heute erscheint das jüdische Leben in Straßburg bunt, vielfältig und unaufgeregt alltäglich. 

In der kleinen Boulangerie trafen sich die Stammgäste - jüdische Kaufmänner, Handwerker und eine Gruppe ältere Herrschaften, die mit dem Bäcker sehr familiär waren. Es herrschte dort eine herzlich Atmosphäre, die nicht zuletzt vom Bäcker und Kellner der koscheren Bäckerei ausging. Er kümmerte sich bestens um uns und war fasziniert von Lilly. Später bekam ich nebenbei mit, dass er gerade Großvater geworden war. Das Café de la Paix ist rund um ein super Café mit tollem Service, der einem ein Lächeln auf das Gesicht zaubert, das den ganzen Tag anhält. Kein Wunder, dass es so viele Stammgäste hat.

Von Spielplatz zu Spielplatz - Durch die Altstadt Strassburgs

Fürs erste gestärkt mit unserem Pain au Chocolat ging es vorbei an der Synagoge de la Paix in den Park du Contades. Ein schön angelegter Park mit großem Spielplatz und einem typisch französischen Pavillon in der Mitte. Gerade als wir gehen wollten, traf sich dort eine Schulklasse - vermutlich eine Abschlussklasse, die vor dem Pavillon Fotos machen wollte. Alle Schülerinnen und Schüler waren schick gekleidet und zurechtgemacht, die Jungs in schicken Anzügen, die Mädchen in tollen bunten Kleidern, die Haare gemacht. Das fand Lilly natürlich faszinierend. Und wir auch.

typisch französischen Pavillon in der Mitte des Parks du Contades
Spielplatz im Park du Contades

Städtetrip durch Straßburg im Frühjahr - überall schöne bunte Frühlingsblumen

Dann machten wir uns auf Richtung Stadt. Es dauerte nicht lange, da kamen wir an den Place de la République, mit einem traumhaft angelegten kleinen Park in der Mitte, gesäumt vom Palais du Rhin und der Nationalbibliothek. Wir machten ein paar Fotos, weil die Kulisse zu schön war. Die Magnolien blühten jetzt gerade so wunderschön und überall waren frische bunte Frühlingsblümchen gepflanzt. Wie schön die Franzosen ihre öffentlichen Plätze pflegen - das beeindruckt mich immer wieder. 

Am Place de la République blühen die Magnolien.
Der traumhaft angelegte Park auf dem Place de la République.

Nun waren wir schon fast in der Altstadt angekommen. Wir überquerten den Canal du Fax-Rempart und bogen ein in die Rue de Juifs. Hier findet man viele süße kleine Lädchen, Boutiquen und Büchershops. Wir ließen uns weiter durch die kleinen Gassen treiben, bis wir an der Kathedrale ankamen, die Cathédrale Notre Dame de Strasbourg (auf deutsch: Münster). Die Liebfrauenmünster zu Straßburg ist ein römisch-katholisches Gotteshaus und gehört zu den bedeutendsten Kathedralen der europäischen Architekturgeschichte. Wir warfen einen schnellen Blick in die beeindruckende Kirche und begaben uns weiter auf Entdeckungstour durch die Stadt. Den blauen Himmel und die wohltuenden Sonnenstrahlen wollten wir in vollen Zügen genießen.

Die kleinen Gassen rund um die Kathedrale laden zum Bummeln ein.
Kleiner Geschenkeladen in der Nähe der Kathedrale Notre Dame de Strasbourg.
In den Gassen rund um die Kathedrale findet man süße kleine Lädchen wie diesen hier.

Die Liebfrauenmünster zu Straßburg ist ein römisch-katholisches Gotteshaus und gehört zu den bedeutendsten Kathedralen der europäischen Architekturgeschichte.

Der Spaziergang führte uns weiter an der Ill entlang. Bald kamen wir im alten Gerberviertel an, im Petite France. La Petite France ist eine Idylle auf einer Insel inmitten von Straßburg. Die alten Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert, mit ihren hohen Spitzdächern, sind die touristischen Attraktionen des Viertels. Bemerkenswert sind die verträumten Gassen mit ihren kleinen charmanten Restaurants. Die meisten Häuser weisen in der Regel alle dieselbe Struktur auf: Ein gemauertes Erdgeschoss, darauf zwei weitere Etagen in Fachwerkbauweise; die steilen Dächer sind zu großen Dachböden hin offen, auf denen früher das Leder getrocknet wurde. Eines der berühmtesten Häuser, das Gerberhaus, wurde 1572 erbaut. 

Der Spaziergang durch Straßburg mit unserem Kleinkind führte uns bei strahlendem Sonnenschein weiter an der Ill entlang
Das alte Gerberviertel - La Petite France.
La Petite France bei Nacht - Die Fachwerkhäuser säumen den Kanal.

Mitten im Petite France, auf einer Landzunge in der Ill gibt es einen großen Spielplatz. Bei dem schönen Wetter tummelte sich dort halb Strasbourg und es war so spannend die Familien dort zu beobachten. 

Immer wieder kommen wir an die Ill - der Fluß, der sich durch Straßburg schlängelt.
Ei typisch französisches Haus in Straßburg mit Blumenkästen vor den Fensters und ein weißer Teddybär auf einem Balkon.
Städtetrip mit Kleinkind - auch Lilly genießt den Spaziergang entlang der Ill.

Von Café zu Café treiben lassen

Die nächsten Tage ließen wir uns einfach nur durch die Stadt treiben. Mittags schlief Lilly im Kinderwagen und wir setzten uns auf das nächste schöne Plätzchen in der Sonne, wo wir dann mal ganz entspannt einen Café oder ein Verre de Vin einnahmen.

Wir haben ein schönes Plätzchen in der Sonne gefunden...
... und während Lilly schläft, genießen wir ein kühles Erfrischungsgetränk.

Familiencafés gibt es auch in Straßburg. Bei oh my Goodness waren wir z.b. frühstücken. Es ist wirklich ganz atmosphärisch eingerichtet und hat eine Spielecke mit Spielen und Puzzle für jedes Alter. Oh my Goodness ist Partner einiger sozialer Projekte in Straßburg und möchte auch andere Menschen dazu ermutigen sich ehrenamtlich zu engagieren. Auch die Speisekarte sieht ganz köstlich aus - Kaffee, englisches Gebäck, Frühstück, Brunch, gefrorene Getränke oder Mittagsmenüs, hier ist alles hausgemacht! Aber Vorsicht, am Wochenende gilt eine andere Speisekarte, dann gibt es nur Brunch und man hat keine Auswahl zwischen den verschiednen Frühstückstellern. Es war super lecker, aber ein bisschen überteuert. Daher mein Tipp: lieber an einem Wochentag dort frühstücken gehen. Der leckere New York Cheesecake hat zum Abschluss aber alles wieder gut gemacht. Weitere sehr empfehlenswerte Cafés mit leckeren Kuchen sind das Bloom oder What the Cake.

oh my goodness - bester New York Cheesecake in Straßburg!

Das Meteor ist eine Brasserie, Bar und Brauerei - eine riesige Location, wo immer etwas los ist. Sie ist ideal gelegen, im Herzen der Stadt Straßburg. Auch hier kann man gut frühstücken und den ganzen Tag die elsässische Küche und vor allem das Meteor Biersortiment entdecken.

So ein Städtetrip macht durstig - deswegen gibt es ein Gläschen französischen Weißwein
... ein Meteor Bier
... und ein Aperol Spritz!

Eine Bootstour durch die 2000 jährige Geschichte Strassburgs

Ein Wochenende in Straßburg mit Klein kind - Lilly wartet gespannt auf die Bootstour.

Zum Ende unseres Städtetrips in Straßburgs gab es noch eine Bootstour. Gestartet sind wir in der Stadtmitte. Die einstündige Bootstour führte uns in das Herz dreier Vorzeigeviertel der Stadt: Grande Ile, die kaiserliche Neustadt und das Europaviertel. Zunächst tuckerten wir vorbei an den Toren des Rohan-Palasts, zu dem uns bereits bekannten Viertel Petite France, seiner Kanäle und der ehemaligen Eisfabrik. Dann überquerten wir die Schleusen und ließen uns von den Gedeckten Brücken sowie vom Vauban-Damm aus der Zeit Ludwig XIV verzaubern. Auch für Lilly war so eine Bootstour spannend, obwohl sie von der Geschichte, die aus den Kopfhörern erklang verständlicherweise nichts wissen wollte.

Wir erkunden das alte Gerberviertel vom Boot aus.

Weiter ging die Bootstour durch die Neustadt Straßburgs, die während der deutschen Annexion von Elsaß-Mosel zwischen 1871 und 1918 errichtetet wurde. Dies führte zu einer Verdreifachung des Stadtgebiets und verlieh Straßburg sämtliche, für den Empfang des deutschen Kaisers unabdingbaren Attribute einer Reichshauptstadt. Auch die im Stil des Historismus errichteten Gebäude wie der Rhein-Palast, die Oper, die Bibliothek oder der Universitätspalast weisen noch heute auf die städtebaulichen Maßnahmen des deutschen Kaiserreichs hin.

Am Vauban Staudamm vorbei geht die Bootstour weiter über den Canal du Faux-Rempart.
... an der Kirch Saint-Pierre-le-Jeune catholique vorbei...
... bis wir wieder auf die Ill einbiegen und Richtung Europaviertel fahren.
Dabei ergattern wir einen tollen Blick auf die Paulskirche, eine der meistfotografierten Sehenswürdigkeiten in Straßburg.

Schließlich erreichten wir das Europaviertel. Von unserem Schiff aus konnten wir die Gebäude des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte bestaunen sowie das Europäische Parlament, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und den Europarat. Warum ausgerechnet Straßburg so wichtige Sitze hat? Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Straßburg 1949 dem Geist der europäischen Aussöhnung entsprechend als Sitz des Europarates ausgewählt.

Die Hauptattraktion des Europaviertels in Straßburg...
... ist das EU Parlament.

Entspannte Rückreise mit schönen Pausen

Und so schnell war unser Städtetrip in Straßburg mit Kleinkind auch schon wieder vorbei. Wir hatten wirklich super Glück mit dem Wetter. Es war ein wunderschönes, sonniges Frühlingswochenende. Auch mit Kleinkind ist ein Städtetrip in Straßburg zu empfehlen, wenn man genug Spielplatzpausen einplant.

Auf der Rückfahrt haben wir uns die schönsten Pausenplätze ausgesucht. Wir sind von einem See zum nächsten gefahren. Es war so herrliches Wetter, dass wir sogar mit den Füßen ins Wasser konnten. Eine herrliche Erfrischung!

Ein Päuschen auf der Rückfahrt von Straßburg - wir machen halt an einem schönen See und werfen Sternchen ins Wasser.

Rundum ein gelungener Urlaub!

Lust auf weitere Urlaubsberichte? Dann schaut doch mal auf meinem Reiseblog vorbei!

* Namen wurden geändert!

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